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Versuch´s doch mal mit einer Ich-Botschaft

ich-botschaften, Kommunikation, hochsensibel

Fehlende oder misslungene zwischenmenschliche Kommunikation, ist ein wichtiger Grund, warum jegliche Formen von Beziehungen scheitern oder schwierig sind. Und auch, wenn wahrscheinlich die meisten von uns irgendwann in der Schulzeit mal von Paul Watzlawick und Friedemann Schulz von Thun, verschiedenen Ohren und Ebenen gehört haben, sind die Grundlagen für eine gelungene Kommunikation genauso auf mysteriöse Weise verschwunden, wie die Liste der chemischen Elemente. 

Und das ist sehr schade, aber auch verständlich, denn ich war auch sehr enttäuscht, dass mein Lehrer so ein spannendes Thema, was mich endlich mal interessiert und vom hochsensibel-im-Klassenraum sein ablenkt, so furztrocken für uns aufbereitet hat. Denn auch wenn diese Thematik sehr umfangreich und vielschichtig ist, kann man schon mit einigen kleinen Veränderungen Großes bewirken. Harmonischere Beziehungen zum Beispiel. Und Herr Schneider hätte wirklich punkten können, wenn er Daniel erklärt hätte, wie es mit Claudi klappt oder wie Tim und Holger ihre ewigen – den Unterricht störenden – Streitereien in den Griff kriegen können. Aber gut… 

 

Eine kleine, aber FEINE Kommunikationsregel möchte ich dir heute mitgeben.
Mehr Ich-Botschaften, weniger Du-Botschaften.
Denn es erstaunt mich immer wieder, wie bekannt diese Regel ist und trotzdem so selten angewandt wird.


Noch eines Vorweg: ich sehe Kommunikationsregeln immer als einen Vorschlag, niemals als so-und-nie-anders. Als eine Idee, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten, als Möglichkeit, mich, meine Wünsche, meine Bedürfnisse verständlicher zu machen, als Werkzeug, was ich nutzen kann aber nicht muss. Denn wir alle sind unterschiedliche Persönlichkeiten mit einem ganz eigenen Temperament und einer eigenen Form sich auszudrücken. Und das soll auch so bleiben. Kein Streit, keine Beziehung wird leichter, wenn wir uns strikt an Regeln halten, mit denen wir uns nicht wohl fühlen, die für uns keinen Sinn ergeben. Und wenn wir selbst nicht dran glauben, was und wie wir etwas sagen, wie soll es dann dein Gegenüber tun. 

 

Ich vs. Du

 

Schuldzuweisungen, emotionale Verletzungen, Widerstände, Provokationen, Vorwürfe, Selbstwertverletzungen… ganz typische Zutaten für eine vergiftete Kommunikation, die eingeleitet wird mit: „DU machst, DU bist, DU hast….“


Mit typischen, negativ gemeinten – wenn auch oft unbewusst – Du-Botschaften, versucht man, ein eigenes Problem oder unangenehmes Gefühl am anderen festzumachen. Mein Gegenüber ist verantwortlich dafür, dass ich mich so fühle. Was genau dieses Gefühl ist, kommt dabei nicht zur Sprache. Denn für den Sender dieser Botschaft steht fest: der andere ist Schuld und das soll er auch wissen. Man erhebt sich also mit ausgestrecktem Zeigefinger über seinen Gesprächspartner. Es entsteht eine merkwürdige Hierarchie, was den anderen nun fast unausweichlich in eine Verteidigungshaltung bringt – wenn er nicht flüchtet oder einfriert – mit der versucht wird, durch Rechtfertigungen oder direktem Angriff die Hierarchie wieder zu seinem Gunsten zu verändern. Du, nein Du, aber Du, Du, … endless Story ohne Lösung als Happy End.

Vorwürfe fliegen durch die Luft, die Schutzpanzer werden umgeschnallt, um beim Befeuern nicht selber getroffen zu werden. Und trotz Panzer fühlen sich schnell beide EMOTIONAL angegriffen, obwohl von den wirklichen GEFÜHLEN bisher noch gar keine Rede war. Und das ist genau das Problem.


Sag doch einfach, wie es dir geht


Du-Botschaften lenken von den wahren Gefühlen, Gedanken und Bedürfnissen ab. 

Sag, wie es DIR geht. Sag, was DU brauchst. Sag, was DU denkst. Sag, was DU fühlst. 

Durch Ich-Botschaften entsteht ein Klima der Offenheit. Der Ton ist oft ruhiger, feinfühliger. Dein Gegenüber darf erstmal zuhören, ohne sich direkt eine Verteidigungsstrategie überlegen zu müssen. Denn es geht erstmal um dich und deine Empfindungen. Festgefahrene Situationen können entschärft werden, wenn einer sich öffnet und sein Herz sprechen lässt. Denn das Herz sagt nicht: DU bist schuld. Das Herz sagt: ich bin verletzt. Ich fühle mich hilflos. Mir fällt es schwer…

Wenn man Kritik äußert, um eine Lösung zu finden, um ein gesundes, schönes Zusammensein oder Arbeiten (diese Regeln gelten für jegliche Formen der zwischenmenschlichen Beziehungen) zu ermöglichen, um sich gemeinsam weiterzuentwickeln und nicht, um dem Gegenüber endlich mal eins an den Latz zu knallen, solltest du damit anfangen, dich, deine Gedanken und Gefühle ehrlich zu zeigen. 

Was soll man denn mit einer Aussage wie: „Du machst alles falsch!“ anfangen? „Ja, herzlichen Dank für diesen Beitrag. Was lernen wir daraus? Nichts! Ok, bis zum nächsten Mal. Danke. Ciao.“? 

Ich-Botschaften dienen der Selbstoffenbarung. Man gibt etwas von seinem Innenleben preis. Und im besten Fall, entsteht dadurch Akzeptanz und Vertrauen, so dass sich auch der Gesprächspartner öffnet und durch Ich-Botschaften über seine Empfindungen spricht.

 

Vielleicht erkennst du dich so oder so ähnlich in den Beispielen von Friedemann 

Schulz von Thun wieder?!:

DU-Botschaft: 

 „Musst du eigentlich immer dazwischen reden“?
ICH-Botschaft: „Ich bin sauer, wenn ich unterbrochen werde. Ich denke dann, das ist nicht interessant genug, was ich erzähle“

Du-Botschaft: „Dir kann man wirklich nichts anvertrauen.“
Ich-Botschaft: 
„Mir ist es ungeheuer peinlich, dass du das weitererzählt hast.“

Du-Botschaft: „Mit der Hose machst du dich doch lächerlich, zieh bloß ´ne andere an.“
Ich-Botschaft: „Ich habe Angst, dass die Leute über deine Hose lachen, und dann würde ich mich schämen.“

 

Natürlich gibt es auch ignorante Hornochsen, Männer und Frauen, die auf deine Offenheit eher so reagieren:
Du sagst: Ich fühle mich….
Hornochse sagt: Ja und, was hab ich damit zu tun? Ja, kann ich auch nichts dafür, dass du dich so fühlst.

Aber dann finde ich, ist nicht nur die Kommunikation ein Problem…

 

Ich-Botschaften sollten ehrlich und authentisch sein. Wenn allerdings deine Zündschnur bereits abgebrannt ist und du deinen Hut nicht mehr halten kannst, ist eine kraftvolle Du-Botschaft aber wohl ehrlicher und authentischer. Und dann darf und muss das auch mal raus. Und genauso, darf dein Partner sich auch mal Luft verschaffen. Denn es soll ja eben nicht ein mechanisches, einstudiertes Gespräch daraus werden. Sondern euch im besten Fall näher zusammen bringen. Ohne Schutzpanzer.

 

„Um mich nach außen hin so geben zu können, wie mir innerlich zumute ist, bedarf es aber auch der Fähigkeit, dieses inneren Zumuteseins überhaupt gewärtig zu sein, zu wissen, „was mit mir ist““. Schulz von Thun

 

Und es gibt noch einen wirklich wertvollen Grund, öfter mal in Ich-Botschaften zu kommunizieren. Du wirst dir selber über deine Gefühle klar und spürst, was bestimmte Dinge in dir auslösen. Und so kann man in jeder schwierigen Situation, aus jeder anstrengenden Diskussion, aus jedem energieraubenden Streit etwas über sich lernen. Und wachsen. Das ist sicher nicht immer, aber doch manchmal vielleicht, ein Trost.

 

Ruth Cohn soll, befragt nach Tricks für eine gelingende Kommunikation, gelegentlich gesagt haben: „Sag einfach, was mit dir ist, das ist ein ungeheurer Trick.“

Ich finde das wunderschön und zeigt, dass Kommunikation alles andere als furztrocken ist.  

Natürlich ist selbst die beste Kommunikationsregel oder der engagierteste Herr Schneider kein Garant für schöne zwischenmenschliche Beziehungen. Aber einen Versuch solltest du dir wert sein.

 

PS: Ich finde du bist ein Hornochse, der immer alles falsch macht – ist keine deeskalierende Ich-Botschaft. Auch wenn vorne ein ICH steht.

 

Alles liebe
Deine Marlene





Wünschst du dir mal einen Blick von Außen eine Paarbeziehung? 

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