Während ich diesen Artikel schreibe, singt Frank Sinatra „Guess i´ll hang my tears out to dry“. Ich finde das so zauberhaft. Mit den Suchwörtern Weinen und Tränen könnte man eine jahrelange Playlist erstellen. Und natürlich geht es in den meisten dieser Songs um traurige Tränen. Tränen mit traurigem Anlass. Denn, wenn auch nicht die Tränen, einen Grund dazu haben doch die meisten Menschen schon einmal erlebt. Liebeskummer, Einsamkeit, Verlusterfahrungen. Diese Tränen sind, zumindest in einem gewissen Rahmen – denn ein bisschen zusammenreißen kann man sich ja bitte dann schon noch – gesellschaftlich akzeptabel. Freudentränen, Tränen der Rührung oder des Mitgefühls sind schon ein wenig befremdlicher, und wer weint, weil er sich hilflos fühlt, wütend, überfordert oder erschöpft, hat endgültig die Kontrolle verloren. Ist nicht belastbar. Nicht zurechnungsfähig. Einfach schwach. Und psychisch wahrscheinlich auch nicht so ganz richtig. Und wenn die Tränen ohne nach Außen erkennbaren, plausiblen Anlass rollen, gibts wieder Überforderung. Aber diesmal auf der anderen Seite.
Das Weinen in der Öffentlichkeit ist einfach unangemessen, so zumindest der allgemeine Konsens. Viele Menschen finden es würdelos, unpassend. Absurd, wenn ich mir angucke, was manche Menschen sonst so öffentlich tun und von sich geben.
Freiheit für die Tränen
Weinen ist ein Zeichen von Menschlichkeit. Mit diesem Zeichen eines anderen, selbst eines geliebten Menschen, umgehen zu können, ist aber für viele eine – manchmal unbezwingbare – Herausforderung. Weil man helfen will, aber nicht weiß, wie. Weil man sich selbst nicht erlaubt, die eigenen Gefühle zu zeigen. Weil tief verwurzelte Erfahrungen und Glaubenssätze aus einem sprechen. Weil man sich verantwortlich fühlt. Weil man ein Idiot ist.
Besonders die Tränen der Frauen werden oft als völlig übertrieben, hysterisch, manipulativ oder hormongesteuert abgetan. Warum heißt es denn eigentlich Heulsuse und nicht Heulfranz? Oder Heulmensch? Oder Wunderbar, Emotional intelligent, Mit-sich-verbunden, Stark, Lebendig…?
Cry, Cry, Cry
Ich weine gerne, und ich meine nicht die traurigen Tränen mit Anlass. Die kommen sowieso, aber der Anlass hoffentlich erstmal nicht. Ich weine gerne Befreiungstränen. Meine Seele braucht das. Als hochsensibler und extrem emphatischer Mensch, geht eben wahnsinnig viel in mir ab. Selbst wenn ich schlafe. Ich fühle viel und tief. Weinen ist für mich eine Erleichterung. Und ich schäme mich keiner einzigen Träne, die ich jemals vergossen habe.
Vor vielen Jahren habe ich eine Hypnosetherapie gemacht. Was ich übrigens nur empfehlen kann. Ich konnte einfach nicht mehr. Eine psychisch und körperlich extrem anstrengende Zeit im Studium und extremer Druck zeigten sich unüberfühlbar in psychosomatischen Beschwerden. Als meine wunderbare Therapeutin sagte: Marlene, da sind viele, viele ungeweinte Tränen, brachen alle Dämme und das erste Mal seit langer Zeit ließ der Druck nach. Und ich beschloss: meine Tränen werden geweint. Wann immer sie wollen. It´s my party and i fucking cry if i want to. Ich bin mittlerweile so gut mit mir verbunden, dass ich genau spüre, wenn es mal wieder Zeit ist, die Tränen zum Trocknen aufzuhängen. Mir Luft zu machen. Und dann gönn ich mir das. Und ich meine es genauso. Ich gönne es mir.
„Weinen öffnet die Lungen, wäscht das Antlitz, ist eine gute Übung für die Augen und besänftigt. Also weine ruhig.“ Charles Dickens
Tränen, die einfach nicht aufhören wollen oder deinen Alltag bestimmen, können auch ein Zeichen sein, dass deine Seele tief verletzt, erschöpft oder krank ist. Und mir ist es unglaublich wichtig, noch einmal zu betonen, dass ich hier, heute nicht von diesen Tränen spreche.
Wenn du darunter leidest, wenn sich ein Muster erkennen lässt oder du dich von deinen Emotionen regelmäßig überwältigt und erdrückt fühlst, wenn das Weinen keine Erleichterung schafft, du dich danach nicht ruhiger und freier fühlst, lege ich dir liebevoll ans Herz, dich jemandem anzuvertrauen, der dich in dieser Phase unterstützt. Wenn du dazu Fragen hast, dich unsicher fühlst, bin ich gerne für dich da.
Natürlich gibt es keinen Weinzwang. Und einen Anlass für traurige Tränen wünsche ich sowieso niemandem. Aber eines sind Tränen ganz sicher nicht: peinlich!
Tränen sind ok, aber du wünschst dir trotzdem manchmal einen Schutzschild, an dem alle anstrengenden, wuseligen oder überfordernden Eindrücke von außen einfach schmerzlos abprallen?
Dann hab ich HIER ein Geschenk für dich!
„Und Tränen fließen gar so süß, erleichtern mir das Herz.“
Johann Wolfgang von Goethe
Alles Liebe
Deine Marlene
♥